Ist die FIP-Erkrankung der Katzen endlich heilbar?

Lesezeit: 5 Minuten
24.1.2024
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Version 1.3 (10.2.2020)

Wenn eine Krankheit heilbar wird, aber das Medikament dazu in Deutschland nicht auf legalem Wege zu bekommen ist…

Dieser Artikel hat in seiner leichtsinnigen Originalfassung leider auf unserer Facebookseite einigen Wirbel und unfreundliche Diskussionen in den Kommentaren verursacht und wurde deshalb gelöscht, obwohl er innerhalb von 24 Stunden bereits 2000x geteilt wurde und auf allergrößtes Interesse stieß. Ich versuche nun, in der überarbeiteten Version vor allem Aufklärungsarbeit zu leisten, denn eines ist sicher: das Medikament, das FIP heilen kann, darf nicht nach Deutschland importiert werden!!!

Die Feline infektiöse Peritonitits (FIP) ist eine hinterhältige und nicht immer ganz einfach zu
diagnostizierende Erkrankung, die uns Tiermediziner seit vielen Jahren zur Verzweiflung treibt.
Sie wird durch das FIP-Virus verursacht, das aus dem felinen Coronavirus entsteht.
Bereits hier fangen die Missverständnisse an, denn das Coronavirus der Katzen ist in seiner „Normalform“
eher harmlos, und sehr viele Katzen (ca. 80%) tragen es ihr Leben lang in sich, ohne schwer zu erkranken.
Es verursacht hier und da Durchfälle und Fieber – und das war es dann eigentlich auch schon.

Problematisch wird es erst, wenn das Coronavirus plötzlich mutiert und daraus das FIP-Virus entsteht.
Was bedeutet das – „mutiert“?
Die genetische Information des Coronavirus verändert sich „einfach so“ und schwups ist eine agressivere
Form des Coronavirus entstanden, und wir nennen es „FIP-Virus“.
Dieses FIP-Virus galt bislang unter Tiermedizinern als unheilbar. Es verursacht verschiedene Symptome und
führt in der Regel innerhalb weniger Wochen zum Tod.

Ansteckend ist das mutierte Virus auf natürlichem Weg jedoch nicht! Aber Vorsicht – falls nach einer
Punktion beim Tierarzt noch Flüssigkeit aus dem Bauch tropft, ist diese hoch ansteckend für die anderen
Katzen zuhause!
Aus aktuellem Anlass (Stand: 2/2020) sei erwähnt, dass das feline Coronavirus nicht beim Menschen die
Coronaviruserkrankung (2019nCoV) auslösen kann, die uns in den Medien derzeit so verfolgt!

Mögliche Symptome der FIP-Erkrankung:
Fieber (>40°C), Apathie (Schwäche, Abgeschlagenheit, erschwerte Atmung), neurologische Symptome
(Gleichgewichtsstörungen, Kopfschiefhaltung, etc.), Augenveränderungen oder Ergüsse in Bauch und/oder
Brustkorb.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass es für die eher unspezifischen Symptome „Fieber“ und „Apathie“ viele
andere Ursachen geben kann; auch bei neurologischen Symptomen und Augenveränderungen müssen
verschiedene andere Krankheiten ausgeschlossen werden, während bei vorhandenen Bauch- und
Brusthöhlenergüssen die wahrscheinlichen Krankheiten schon recht eng eingrenzbar sind – vor allem, wenn
eine Probe des Ergusses entnommen und untersucht wird!

Die Diagnose gestaltet sich also abhängig von den Symptomen und deren Ausprägung unterschiedlich
schwierig und sollte von einem katzenerfahrenen Tierarzt gestellt werden.
Ausschließliche Frage-und-Antwort-Ratespiele im Internet führen hier definitiv nicht zum Ziel!
In jedem Fall sollte eine umfangreiche Blutuntersuchung durchgeführt werden, die Blutbild, Leber- und
Nierenwerte aber auch eine Serumproteinelektrophorese umfasst.

Eine ultraschallgestützte Feinnadelprobe aus Leber, Bauchlymphknoten oder Granulomen, kann mittels
einer PCR-Untersuchung direkt auf das FIP-Virus getestet werden.
Besonders einfach ist die Probengewinnung aus einem Bauch- oder Brustraumerguss – auch hier können die
mutierten FIP-Viren via PCR nachgewiesen werden.

Der Coronavirus-Antikörpertiter, also das Maß der Menge an vorhandenen Antikörpern gegen Coronaviren
im Blut, stellt keine FIP-Diagnose dar, sondern kann lediglich ein Hinweis dafür sein, wie groß die Gefahr
einer Mutation vom Coronavirus zum FIP-Virus ist.
Klingt kompliziert? Ist es gar nicht!

Beispiel:
Wir kaufen am Losstand ein Los mit einer Gewinnwahrscheinlichkeit von 1:10 – also „jedes zehnte Los
gewinnt“…
Wenn wir nun 10 Lose kaufen, dann sollte nach den Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung auf jeden Fall
ein Gewinn dabei sein. Bei 100 Losen schon 10 Gewinne, bei 1000 Losen 100 und so weiter…
Was an der Losbude praktisch ist, stellt im Körper von Katzen mit vielen Coronaviren grundsätzlich ein
höheres Risiko dar, an FIP zu erkranken.

Konsequente Katzentoilettenhygiene, wenig Stress und ein gesundes Immunsystem verringern das
Erkrankungsrisiko, denn sie senken die Menge an Coronaviren im Körper.
Ich möchte nun nicht näher auf die Diagnostik des Blutes oder der Feinnadelproben (Leber, Lymphknoten)
eingehen (dafür ist der behandelnde Tierarzt zuständig), aber auch der braucht manchmal einen kleinen
Anschubs mit dem Hinweis „lass‘ uns doch mal eine Rivaltaprobe aus ein paar Tropfen des Bauchergusses
machen“, oder „lass‘ uns den Erguss auf mutierte FIP-Viren im Labor untersuchen!“

Wenn nun die schreckliche Diagnose „ausgebrochene FIP“ gestellt wurde, stehen wir vor dem Problem,
dass diese Erkrankung bislang offiziell ein klares Todesurteil darstellt.
Viele Jahre gab es keinerlei Behandlungsoptionen, bis dann hier und da „Therapieansätze“, die dem
Patienten noch etwas Zeit und Lebensqualität schenken sollten, ins Spiel gebracht wurden.
Vor allem Kortison als entzündungshemmendes Medikament und Interferon Omega als antivirales
Medikament wurden – und werden nach wie vor – eingesetzt. Der Erfolg ist eher bescheiden, so dass auch
wir bis vor kurzem jede Katze, deren Allgemeinzustand nicht mehr als „für den Patienten lebenswert“
beurteilt werden konnte, eingeschläfert hatten.

Erst vor wenigen Wochen las ich in einem Tiermedizinerforum, dass es möglicherweise eine echte Chance
geben soll, dieses Virus doch besiegen zu können.
Und immer wenn es derartige, scheinbar unglaubliche, Neuigkeiten zu erfahren gibt, versuche ich mich
möglichst umfangreich über die Hintergründe der Behauptung zu informieren:
Welche Erfahrungsberichte gibt es? Wie viele Patienten wurden geheilt? Waren sie tatsächlich an FIP
erkrankt? War die Heilung Zufall, oder gibt es hier einen echten Grund, Hoffnung zu verbreiten?

Welches Medikament darf ich als Tierarzt einsetzen?
Ich will Euch nicht länger auf die Folter spannen, denn es gibt tatsächlich Hoffnung!!!
Einige Facebook-Gruppen, die sich auf das spezielle Thema FIP„eingeschossen“ haben, scheinen besser
informiert zu sein, als der Durchschnitt der praktizierenden Tierärzte – mich leider eingeschlossen…
Das meine ich jedoch keinesfalls abwertend oder angreifend den Kolleginnen und Kollegen gegenüber!
Denn wir Tierärzte erhalten Informationen über neue Arzneimittel meist erst dann, wenn sie ganz kurz vor
der Markteinführung stehen, das heißt, wenn viele aufwändige Tests zur Verträglichkeit und Wirksamkeit von
Medikamenten durchgeführt wurden und die Unbedenklichkeit eines Medikaments auch rechtlich gesichert
so weit anzunehmen ist, dass man es guten Gewissens verkaufen kann.

Die Facebook-Gruppen heißen für Katzenhalter:
„FIP Warriors“ (https://www.facebook.com/groups/158363205096283/) – englisch
„FIPfree – Feline Infectious Peritonitis ist heilbar“ (https://www.facebook.com/groups/701711923584954/)
Wer Facebook nicht nutzt, der kann sich hier informieren: www.fipfree.de – deutsch

Und auch für Tierärzte gibt es international eine FIP-Gruppe:
„FIP Warriors -Veterinarians“ (https://www.facebook.com/groups/2422765211310743/) – englisch

Was in der deutschen Gruppe zunächst wie eine typische Schlagzeile der Bildzeitung klingt, offenbart bei
genauerem Hinsehen, dass sich hier einige Leute richtig viel Mühe gemacht haben, um der Welt mitzuteilen,
dass gerade ein Medikament entwickelt wird, das tatsächlich in der Lage zu sein scheint, das FIP-Virus zu
besiegen. Ein Blick in die Dateisammlung der Gruppen offenbart schnell, dass hier gründlich gearbeitet wird und wir hier nicht über Hokuspokus reden!
https://www.facebook.com/groups/701711923584954/files/ (FIPfree)
https://www.facebook.com/groups/158363205096283/files/ (FIP Warriors)

Zunächst sollte sichergestellt sein, ob es sich tatsächlich um eine FIP-Erkrankung handelt, oder „um ein
Missverständnis“. Mit anschaulichen Diagnosetafeln können sich interessierte Laien in den Weg der möglichst sicheren Diagnosestellung einarbeiten, aber auch erfahrene Tierärzte finden wertvolle Informationen, um ihr Wissen aufzufrischen oder zu aktualisieren!

Weitere Dokumente beinhalten seriöse Studien zur Behandlung der FIP-Erkrankung.
Wenn dann wirklich klar ist, dass die geliebte Katze am FIP-Virus erkrankt ist, dann kommt der Punkt,
der uns Tierärzten das Leben momentan (Stand: 2/2020) am schwersten macht:
Es gibt einen Wirkstoff mit dem Namen „GS-441524“, der gegen FIP wirksam ist, er ist aber nicht als
zugelassenes Medikament verfügbar!!!

Das heißt leider: Weder Tierärzte, noch Tierhalter dürfen ihn beziehen und einsetzen!
Die Vorschriften für den Import und den Einsatz von Medikamenten regelt das Arzneimittelgesetz
(AMG), konkret §57 (1): Der Tierhalter darf Arzneimittel, die zum Verkehr außerhalb der Apotheken nicht freigegeben sind, zur Anwendung bei Tieren nur in Apotheken, bei dem den Tierbestand behandelnden Tierarzt oder in den Fällen des § 56 Abs. 1 bei Herstellern erwerben.
Andere Personen, die in § 47 Abs. 1 nicht genannt sind, dürfen solche Arzneimittel nur in Apotheken erwerben.
und §56 (1) befasst sich mit dem Erwerb direkt beim Hersteller:
(2) Soweit die notwendige arzneiliche Versorgung der Tiere ansonsten ernstlich gefährdet wäre und eine unmittelbare oder mittelbare
Gefährdung der Gesundheit von Mensch und Tier nicht zu befürchten ist, darf der Tierarzt bei Einzeltieren oder Tieren eines bestimmten
Bestandes abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nr. 3, auch in Verbindung mit Absatz 1 Satz 3, nachfolgend bezeichnete zugelassene oder
von der Zulassung freigestellte Arzneimittel verschreiben, anwenden oder abgeben…
§56 befasst sich also mit der sogenannten „Umwidmungskaskade“, anhand derer ein Tierarzt sehr strenge
Regeln einhalten muss, damit ihm erlaubt wird, beispielsweise zugelassene Medikamente aus der
Humanmedizin zu verwenden.

Aaaaber das gilt zum einen nur für zugelassene Medikamente… und dann müssen diese auch noch aus der
EU stammen. Der Import nicht zugelassener Medikamente oder Stoffe (dazu noch aus sogenannten
Drittländern) ist also in jedem Fall verboten und strafbar.
§95 (1) 9 regelt das mögliche Strafmaß:
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer…
9. Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 57 Abs. 1 erwirbt Bis zu 3 Jahre Freiheitsstrafe!!! Ist das nicht frustrierend???

Die genannten Strafen gelten leider auch für den Import des Medikaments „Remdesivir“, das für die
Behandlung von Ebola zugelassen wurde (aber aus einem Drittland und nicht aus der EU stammt)…
Es besteht aus einem Wirkstoff (GS-5734), der im Körper zu „GS-441524“ umgebaut wird.
Das Medikament wird derzeit (2/2020) in China gegen das „Neue Coronavirus“ in einer Studie mit 500
Erkrankten eingesetzt. Es gibt da also einen Wirkstoff, der ziemlich gut wirkt und eher selten Probleme verursacht… Setzt man ihn ein, dann könnte die Katze mit hoher Wahrscheinlichkeit gesund werden…
Setzt man ihn nicht ein, dann wird die Katze auf jeden Fall sterben…

Wenn es nur einen legalen Weg für verzweifelte Tierhalter gäbe, den Wirkstoff zu beziehen und er ihn sich
auch finanziell leisten kann (wir reden hier von wahrscheinlich mehreren Tausend Euro für die gesamte
Behandlung), dann hätte sein Tier nicht allzu viel zu verlieren, sondern könnte nur gewinnen.
Aber leider ist es derzeit nicht erlaubt, und auch kein „individueller Heilversuch“
schützt denjenigen, der das Medikament illegal nach Deutschland geschafft hat, vor
möglicher Strafverfolgung. Es bricht mir das Herz, Euch die Augen zur aktuellen Gesetzeslage in Deutschland
öffnen zu müssen. Wir könnten heilen, aber wir dürfen nicht – der schlimmste mögliche Fall für
Tierarzt, Tierhalter und Patient.

Es war mir dennoch ein Bedürfnis, Euch die derzeit einzige Option vorzustellen, etwas gegen FIP zu
unternehmen und ein wenig über die Diagnostik dieser schrecklichen Krankheit zu schreiben, denn vielleicht
gibt es „schon“ in 2 Jahren Hoffnung auf Legalität, wenn nämlich die „EU-Arzneimittelverordnung“ in Kraft tritt
und Drittländer als EU-Länder behandelt…

Ich wünsche Euren Katzen und Euch, dass sie und Ihr niemals mit diesem Virus zu tun haben werdet und
bitte Euch, auch andere Leute an diesen wichtigen Informationen Teil haben zu lassen.
Vielleicht hilft es ja irgendwann doch noch der einen oder der anderen Katze ❤️ ❤️ ❤️

Übrigens:
Weltweit wurden bisher bereits über 5000 Katzen geheilt…
in Deutschland schon über 200…
und das nur 1 Jahr nach Veröffentlichung der Studie zu GS-441524.
In den USA laufen derzeit Studien für ein Medikamentenzulassungsverfahren eines ähnlichen Wirkstoffs, der
uns hier in Deutschland „schon in wenigen Jahren“ ein offiziell einsetzbares Medikament bescheren
könnte… das bedeutet realistisch vielleicht in ca. 3-7 Jahren…
Warten wir‘s ab… und hoffen, dass es schneller gehen wird!!!

Ingo Diegel
(Schreibweise im Facebookmodus)

www.tierarzt-schwelm.de

Facebook: Tierarztpraxis Diegel
Das Copyright liegt bei Ingo Diegel. Änderungen am Text sind ausdrücklich untersagt!
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